04.02.2025
Einmalig und tief verstörend
Pressemeldung 01/25Psychische Gesundheit.
Dr. Christoph Florange (Klinik Wersbach) erklärt die Posttraumatische Belastungsstörung.
Was ist die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)?
Dr. Christoph Florange: Die PTBS setzt zunächst einmal voraus, dass einMensch ein einmaliges Ereignis erlebt hat, dass so gravierend war, dass es zu einer tiefen Verstörung kommt. Die Sozialgesetzgebung sieht hier einen klaren Kausalzusammenhang und sagt: Dieses Ereignis muss bewusst mit allen Sinnen erlebt worden sein. Ein Beispiel: Jemand geht als Helfer in ein Kriegsgebiet und muss dort wegen Sirenenalarms in einen Luftschutzbunker. Er hat dann nicht bewusst erlebt, wie die Rakete eingeschlagen ist – anders, als wenn er mit eigenen Augen gesehen hätte, wie Menschen dadurch sterben. Dies kann ein Trauma auslösen. Alltagsstress, ein leichter Sturz oder ein Streit sind keine schönen Erlebnisse, aber eben auch keine, die im medizinischen Sinne ein Trauma auslösen.
Wie äußern sich die Symptome der PTBS?
Dr. Christoph Florange: Sie treten verzögert auf, in der Regel bis zu sechs Monate danach. Das Erlebte wird im Gedächtnis re-inszeniert. Wer auf einem öffentlichen Platz erlebt hat, wie jemand niedergeschossen wurde, erlebt es im Geiste womöglich erneut, wenn er dort lang geht. Offenbar ist es nicht nur eine rein psychische Reaktion. Es scheint auch eine Veränderung der neuronalen Aktivitäten im Mandelkern des Hirns zu geben, sprich: Zwischen den Nervenzellen läuft etwas nicht so, wie es soll.
Setzt man zur Behandlung auf eine Kombination aus Psychotherapie und Medikation?
Dr. Christoph Florange: Es gibt in Deutschland nur eine Medikamentenart, die für die Behandlung der PTBS zugelassen ist. Es ist ein Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, der dafür sorgen soll, dass Ängste nicht verstärkt werden. Das Problem dabei: Er hat eine aktivierende Wirkung, was kontraproduktiv ist, wenn jemand schon oft in Unruhe ist. Wichtig ist daher die Verhaltenstherapie.
Wie sieht diese konkret aus?
Dr. Christoph Florange: Zielführend ist die Konfrontationstherapie. Zunächst wird eruiert, was das Trauma ausgelöst hat und wann. Dann geht es darum, behutsam dafür zu sorgen, dass sich der Patient der entsprechenden Situation – erst in Gedanken und dann tatsächlich – stellen kann, ohne dass sie ihn weiterhin belastet. Nehmen wir den öffentlichen Platz: Was wir nicht wollen, ist, dass der Patient künftig alle öffentlichen Plätze meidet. Es geht darum, dass er zunächst gedanklich den Weg über den Platz bewältigt. Und beschreibt, was das mit ihm macht. So tastet man sich Schritt für Schritt vor, bis er so gefestigt ist, den Weg wirklich zu gehen bis zu der Stelle, wo es passiert ist. Zunächst in Begleitung, später alleine.
Kann die PTBS jeden Menschen treffen?
Dr. Christoph Florange: Grundsätzlich ja, wobei es auch jene gibt, die dagegen resilient sind oder eine gewisse Routine gelernt haben. Nehmen Sie Ärzte, Rettungssanitäter und Feuerwehrleute. Wer einen dieser Berufe ergreifen will, sollte sich vorab hinterfragen: Halte ich das aus? Es hilft generell, selbstreflektiert und achtsam durchs Leben zu gehen. Das stärkt die Resilienz.